TRENDREPORT 2023

The Iconic Awards: Innovative Architecture setzen Trends

Potenziale der Stadt entdecken

Rotterdam Rooftop Walk

Die rapide Urbanisierung und der damit einhergehende Zustrom von Menschen in Städte erfordern neue architektonische Lösungen. Der Klimawandel wie auch veraltete Infrastrukturen und ineffiziente Verkehrssysteme belasten das Stadtgeschehen. Während die Bevölkerung wächst, wird bezahlbarer Wohnraum knapper. Der Ruf nach einem Perspektivwechsel, aus dem Lösungen für grüne urbane Milieus entstehen können, wird immer lauter. Es bedarf einer ganzheitlichen Stadtentwicklung, welche die sozialen, wirtschaftlichen, ökologischen und kulturellen Bedürfnisse der Bewohner*innen in den Fokus rückt. Dazu gehören vor allem moderne und nachhaltig entwickelte Infrastrukturen wie ein gut durchdachtes Verkehrssystem, die Entwicklung vielseitiger Grünflächen und umweltfreundliche Technologien zur Verringerung der Umweltbelastung.

Das „Rooftop Walk“-Projekt von MVRDV in Rotterdam eröffnet neue Zugänge zu den Dächern der Stadt, die in den meisten Metropolen noch ungenutzt sind. Das Projekt zeigt, dass selbst in dicht besiedelten Städten durch Umnutzung, Begrünung und Neugestaltung freier Flächen Erholungsräume und neue öffentliche Treffpunkte entstehen können. Auch in Thailand werden neue Grünflächen in der Stadt präsentiert: Das Projekt „Sierra Sathorn“ integriert vielschichtige grüne Freiräume zwischen den Gebäuden sowie auf den Dächern, um das Bedürfnis nach Erholung zu stärken, neue Angebote in der Nachbarschaft zu schaffen und zuletzt auch die Luftqualität in dem Quartier zu verbessern.

Das „New Museum of Ethnography Budapest“ besticht durch sein dynamisches Design, das den umliegenden Park aufgreift und zum integralen Bestandteil des Gebäudeentwurfs macht. Das Gebäude dient als Tor zwischen Stadt und Park und ist größtenteils unterirdisch angelegt. Nur die Außenseiten ragen aus der Erde empor und formen so eine sanfte Kurve. Mit einem begrünten Dach und einer transparenten Fassadengestaltung fügt es sich harmonisch in die Umgebung ein. Museumsbesuchende und Spaziergänger*innen sind eingeladen, sich auf den Grünflächen zu bewegen — so wird das Dach zum großzügigen Gemeinschaftsraum. Während das Projekt in Budapest eine bestehende Parklandschaft in sein Design integriert, verwandelt der „1895 War Memorial Park“ in Taoyuan City zuvor brachliegende Flächen in ein neues urbanes Zentrum. Auf 31,5 Hektar erinnert er an die lokale Kriegsgeschichte von 1895. Der innovativ angelegte Stadtpark revitalisiert eine vergessene Geschichte, schafft ein Denkmal der Erinnerung und vielseitig nutzbaren Raum für alle Altersgruppen.

Die internationalen Gewinner*innen der ICONIC AWARDS 2023: Innovative Architecture überzeugen mit beeindruckenden Impulsen für den globalen Städtebau: Sie zeigen, wie städtische Strukturen flexibler werden und wie Gebäude sich multifunktional den wechselnden Bedürfnissen anpassen. Ob Neubau oder Umnutzung, ob Großprojekt oder kleine Initiative – diese Vielseitigkeit fördert Nachhaltigkeit genauso wie Innovation.

Beispielhafte Projekte:

Rooftop Walk, MVRDV

Elevendecks - Überseequartier Hafencity, Carsten Roth Architekt

Sierra Sathorn, Redland-scape.Ltd.

New Museum of Ethnography Budapest, Napur Architect Ltd.

Project 105, Around Architects

1895 War Memorial Park, Department of Public Works, Taoyuan

Vielfalt sozialer Begegnung gestalten

Children’s Community Centre – The Playscape

Soziale Begegnung gewinnt in unserer digitalisierten Welt weiter an Bedeutung. Öffentliche Plätze und Grünflächen werden zur Erholung, für soziale Aktivitäten und kulturelle Begegnungen genutzt. Menschen suchen lebendige Orte, um Kontakte zu knüpfen. Ob generationsübergreifend oder flexibel nach individuellen Bedürfnissen gestaltbar, die Offenheit für vielseitige Nutzungsvarianten ist ein Erfolgsfaktor in der Entwicklung qualitätsvoller, urbaner Treffpunkte.

Im Arbeitsumfeld sind moderne New Work-Konzepte bereits weit verbreitet, wodurch Büroräume zu Orten des sozialen Austauschs und der Ko-kreation werden. Ein gelungenes Beispiel ist das Interior Design für das „House of Communication" in München. Das Architekturbüro HENN zeigt hier eindrucksvoll, wie innovative Arbeitskonzepte eine räumliche Gestalt annehmen können. Für die Serviceplan Group, die weltweit größte inhabergeführte Agenturgruppe für innovative Kommunikation, schuf HENN eine verbindende visuelle Corporate Identity. Dazu gehören gemeinsame Bereiche für fokussiertes und kollaboratives Arbeiten, Sitzgruppen und wohnliche Lounges, die zum Netzwerken und kreativem Austausch einladen. Auch Orte für gemeinsame Mittagessen oder entspannte Momente auf der Dachterrasse zeigen den sozialen Mehrwert des Büros. HENN Architekten haben die Verbindungsachse zwischen den drei Atriumbauten als zentralen Platz gestaltet und dem Ort mit einer stimmungsvollen Lichtinstallation Ausdruckskraft verliehen.

Abseits des eigenen Zuhauses und des Büros spielt die belebte Innenstadt eine immer bedeutendere Rolle für das soziale Leben, denn wirtschaftliche Dynamik, kulturelle Vielfalt und soziale Interaktion fördern die Identifikation der Bewohner*innen mit ihrer Stadt.

Um soziale Begegnungen beim Einkaufen geht es bei dem Projekt „SuperHub Meerstad“ im niederländischen Groningen. Das Architekturbüro De Zwarte Hond hat dafür eine herausragende Architekturform für einen Lebensmittelmarkt mit zusätzlichen Nutzungsoptionen entwickelt. Holzsäulen mit kreuzförmigem Querschnitt tragen die neun Meter hohe Dachkonstruktion, deren Träger ein wirkungsvolles Rautenmuster ergeben. Während herkömmliche Supermärkte meist fensterlos sind, bringt die Glasfassade viel Tageslicht in den Innenraum, der am Abend wie ein Leuchtturm zu allen Seiten in die expandierende Nachbarschaft strahlt. Angelehnt an den Austausch in einer Markthalle schafft der Pionierbau so einen generationenübergreifenden Begegnungsraum und deckt damit weit mehr als nur den Grundbedarf des wachsenden Quartiers. Die Flächen sind flexibel unterteilbar und somit offen für vielseitige Nutzungsvarianten.

Mit ihren rund fünf Millionen Einwohner*innen hat sich die chinesische Stadt Changzhou zu einer wichtigen Industriemetropole im direkten Einzugsgebiet von Schanghai entwickelt. Für die neue Stadtmitte entwickelten die Architekten von Gerkan, Marg und Partner (gmp) die Changzhou Culture Plaza, ein Kulturzentrum mit Museen, Bibliothek und Hotel sowie Flächen für Büros und Einzelhandel. Die in einem großen Bogen auskragenden Gebäudemodule bestehen aus sechs 50 Meter hohen Pavillons. Im Inneren variieren sie architektonisch entsprechend ihrer unterschiedlichen Funktionen, in ihrem Äußeren bilden sie optisch eine Einheit. Die Kunstgalerie im Osten und das Wissenschafts- und Technikmuseum im Westen bilden gemeinsam die öffentliche Plaza, die mit ihren Wasserspielen als Treffpunkt im Bezirk dient. Ein diagonal durch das 17 Hektar große Grundstück führender Wasserlauf verbindet oberirdisch alle Funktionen miteinander und belichtet die im Souterrain befindlichen Restaurants. Mit seiner Fassade aus grauem Schiefer stellt das ungewöhnliche Gebäude den Bezug zur regionalen Bautradition her. Das große Dach verbindet die sechs Kulturpavillons und definiert den öffentlichen Raum für Begegnung. In seiner Dimensionierung und Nutzungsmischung spiegelt es die Bedürfnisse der modernen Großstadtmenschen, die sich einen attraktiven Treffpunkt für Stadtbewohner*innen und Besucher*innen wünschen. In seiner Gesamterscheinung prägt das Kulturzentrum so die neue Stadtmitte, die als Kombination aus traditionellem Stadtkern und moderner Metropole überzeugt.

Wie intelligente Konzepte dieses Miteinander auf kreative Weise fördern und die Stadt als Lebensraum stärken können, beweisen die ICONIC AWARDS 2023: Innovative Architecture. Ausgezeichnet wurden Projekte, die von der Stadtplanung bis zur Möblierung maßstabsübergreifend durch ihre nachhaltige, integrative Gestaltung überzeugen.

Beispielhafte Projekte:

House of Communication, HENN

GymLodge Geplan, Design Planungsgesellschaft

Changzhou Culture Plaza, Gerkan, Marg und Partner (gmp)

Children’s Community Centre – The Playscape", we architech ananymous (waa)

Chinese Village Cultural Activity Center, ppas Engineering Consulting Co.

SuperHub Meerstad, De Zwarte Hond

PSD Bank, Ester Bruzkus

Wie neue Hotel-Architektur den Menschen Natur erleben lässt

Die Sehnsucht des modernen Großstadtmenschen nach mehr Nähe zur Natur ist aktuell unübersehbar: In einer von Hektik und technischem Fortschritt geprägten Welt wünschen sich viele einen Rückzugsort, der die Sinne beruhigt und Inspiration schafft. Dieses Bedürfnis ist in der Hospitality-Branche angekommen und spiegelt sich in einer Vielzahl neuer Angebote – diese reichen vom Baumhaus bis zum Eishotel. Das hat insbesondere in ländlichen Regionen, wo unverbaute Landschaften und weite Horizonte die perfekte Kulisse bieten, eindrucksvolle Konzepte hervorgebracht.

Die neue Hotelarchitektur intensiviert das Naturerlebnis für den Gast, in dem sie neue Perspektiven auf die Natur ermöglicht und die Verbindungen zwischen Mensch, Architektur und Natur fließend werden. Dies erreichen Gestalter*innen durch ausgefallene und feinsinnige architektonische Gestaltungsmerkmale, die von der Fassadengestaltung über die Materialauswahl bis hin zur Grundrissgestaltung einwirken. Besonders eindrücklich nimmt das „Magma Resort und Spa“ auf Santorini die terrassierte Topografie der umgebenden Weinanbaugebiete in seine eigene Architektursprache auf. Die in der Region traditionell genutzten „pezoules“ – abgestufte Reb-Terrassen, die von Steinmauern geschützt werden – sind essenziell, um an den Steilhängen der Insel Wein anzubauen. Die Architektur ahmt die Formen der „pezoules“ nach und bettet die einzelnen Gebäudeeinheiten des Resorts respektvoll in die umgebenen Hügel ein.

Ebenso ausdrucksstark fügt sich das am Hotel Krallerhof gelegene Spa „ATMOSPHERE“ von Hadi Teherani in die Landschaft ein: Die organisch geschwungene Glasdecke des Wellnessbereichs imitiert die Formen der umliegenden Hügel inmitten des Bergpanoramas. Für die Besucher*innen ergZurückeben sich Blickachsen und Aufenthaltsräume, die das Zusammenspiel von hochtechnologisch realisierter Architektur, zeitgemäßem Komfort und einer natürlich gewachsenen Landschaft erlebbar machen.

Sich der Natur nahe fühlen ist bei diesen Projekten das Ergebnis ganzheitlicher Planungsansätze, die neben der Formsprache der Architektur auch die Materialität mitdenken. Mit der Verwendung regional vorkommender Materialien für Gebäudekern, Innenräume und Fassade lässt die Architektur den Ort und seine Vegetation lebendig werden. Beispielsweise nutzt die Architektin Heike Pohl für die Fassadegestaltung des „Hotel Saltus“ in Jenesien die in Südtirol heimische und besonders bekannte Lärche und gibt dem Gebäude dadurch einen authentischen, ortsverbundenen Ausdruck; während Bivak Studio mit der transportablen Schwitzhütte „SAUNABIVAK“ einen hölzernen Hochsitz imitieren, der sich besonders mühelos in das Landschaftspanorama integrieren lässt.

Durch die Verwendung von Naturmaterialien und die gelungene ganzheitliche Integration der Architektur in die Landschaft können nachhaltige Praktiken und ein positives Bewusstsein für Umweltbelange gefördert werden. Diese Hotellerie-Projekte treffen auch deswegen den Nerv der Zeit, weil Urlaube in weit entfernte Regionen von immer mehr Konsument*innen hinterfragt werden und nähere Ziele in der Natur ins Blickfeld rücken.

Bei den diesjährigen ICONIC AWARDS 2023: Innovative Architecture setzt sich der Trend gleich mit mehreren Projekten durch:

Hotel Saltus, Heike Pohl

Magma Resort und Spa, People

„ATMOSPHERE“ by Krallerhof, Hadi Teherani Architects

Serlachius Taide Sauna, M PARTIDA ARCHITECTURE AND DESIGN SLP

SAUNABIVAK, Bivak Studio Ltd.